Kopfgeburt
Gestern Nacht ist es endlich passiert. Es ist mir gelungen, das Ding hervorzuwürgen.
Der Traum war diesmal ein bisschen anders. Wieder sehe ich Leo mit den brennenden Haaren, bleibe aber still. Ich spüre zwar bereits etwas haariges in meinem Mund anschwellen, doch halte ihn tapfer geschlossen. Stattdessen starre ich Leo einfach nur an und sie starrt zurück. Da falle ich in ihre Augen hinein und stehe plötzlich im nächtlichen Wald, zwischen hohen Bäumen. Ich sehe mich um und erblicke in der Ferne ein Licht. Vielleicht ein Haus. Langsam bewege ich mich darauf zu, doch jetzt ist dieses Ding in meinem Mund wieder da. Bei jedem Schritt wird es größer und größer. Ich kämpfe dagegen an, presse die Lippen zusammen. Doch keine Chance. Die haarige Masse drückt meine Kiefer auseinander, ich bekomme keine Luft mehr, ein Schauer fährt durch meinen Körper und mir wird schwarz vor Augen.
Dann ist es vorbei. Ich knie auf dem Waldboden und Schleim tropft mir aus dem Mund. Ein paar Meter vor mir sitzt das haarige Ding. Ein kleines Tier, wie ein Eichhörnchen, aber mit einem zierlichen Geweih auf dem Kopf. Ungläubig starre ich es an, während es sich den Schleim aus den Flügeln schüttelt und diese sorgfältig einfaltet. Als das Tier mich sieht, lässt es ein keckerndes, spöttisches Lachen hören. Dann fährt es herum und hoppelt eilig davon. Ich will hinterher, habe aber keine Kraft mehr. Ich lege mich auf den Waldboden und mir schwinden die Sinne.
Beim Aufwachen musste ich feststellen, dass ich nicht in meinem Bett lag, sondern im Garten zwischen den Wacholderbüschen. Es dämmerte bereits, und die Vögel machten einen Höllenlärm. Irgendwie fühlte ich mich leer und ausgelaugt und da war ein merkwürdiger, strenger Geschmack auf meiner Zunge. Unser Haus lag noch still da, nur in Hans' Zimmer war pulsierendes Licht zu sehen.
Jetzt weiß ich nicht genau, ob ich erleichtert sein soll oder mir erst recht Sorgen machen. Ich habe das Vieh ausgespuckt - das könnte immerhin bedeuten, dass es mit den ständigen Albträumen vorbei ist. Andererseits: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in meinem Bett eingeschlafen bin. Was nur bedeuten kann, dass ich in den Garten geschlafwandelt bin. Heute fühle ich mich völlig leer und matt, als wäre ich heute Nacht einen Marathon gelaufen. Was passiert mit mir? Gibt es Schlaf- oder Traumexperten unter euch? Kann mir jemand sagen, was das alles zu bedeuten hat?